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„Verrücktes Blut“ handelt von einer schulischen Theater-AG mit weit reichenden Folgen.

Die Lehrerin Sonia Kelich ist mit ihren Schülerinnen und Schülern überfordert. Die Jugendlichen, allesamt mit Migrationshintergrund, treiben sie durch ihr klischeehaftes sexistisches und gewaltgeladenes Verhalten an ihre persönlichen Grenzen. Keiner hört ihr zu, niemand zeigt Interesse an ihrem Unterrichtsstoff, der Umgang untereinander ist disziplin- und respektlos. Statt sich als Menschen mit unterschiedlichen Charakteren und Interessen ernstzunehmen, beschimpfen und beleidigen sie sich gegenseitig. Die Situation eskaliert, als sich Sonia Kelich eine Tasche schnappt, um die es ein Handgelange gibt, und die betreffenden Schüler zum Rektor schicken will. Es wird gedroht, geschrieen und gezerrt. Plötzlich fällt eine Pistole auf den Fußboden. Sonia Kelich ist am schnellsten. Sie ergreift die Waffe, verriegelt die Tür, beschlagnahmt alle Handys und bedroht ihre Klasse mit geladener Pistole. Einzeln zwingt sie ihre Schülerinnen und Schüler auf die Bühne und lässt sie ausgewählte Passagen aus Schillers „Die Räuber“ und „Kabale und Liebe“ rezitieren. Mit dem Ernst der Lage beginnt ein Spiel um Leben und Tod.

„Verrücktes Blut“ führt das gewaltvolle Aufeinanderprallen differenter kultureller Wert- und Glaubenssysteme anhand einer Schulklasse und ihrer Lehrerin vor und auf. Mittels unkonventioneller Methoden versucht Sonia Kelich ihren disziplinlosen Schüler/innen mit Migrationshintergrund Friedrich Schiller und dessen idealistische Vorstellungen vom klassischen deutschen Theater nahezubringen. Ihr Ziel ist es, in der Konfrontation mit Theater und Literatur die Schüler/innen dazu zu bringen, eigene Denk-, Wahrnehmungs- und Handlungsmuster kritisch zu hinterfragen. Denn allein Theater sei noch in der Lage, die Welt zu retten und zu heilen.

Durch die Rezitation der Texte Schillers werden die Schüler/innen mit ihren eigenen Ängsten, Unsicherheiten und Schwächen konfrontiert. Im Spiel bekommen sie die Chance, eine andere Rolle einzunehmen und damit Eigenschaften anzunehmen und zu verkörpern, von denen sie sich in ihrem realen Leben strikt distanzieren. Im Theater können sie sein, dürfen sie sein, anders, verletzlich, gekränkt, schwach sein. Darin sieht Sonia, die Lehrerin, ihre Chance: „Hakim, ich gebe Dir hier eine Chance. Verstehst Du. Ich gebe Dir hier eine letzte Chance. Du darfst Ferdinand sein.“ Auf diese Art gelingt es der Lehrerin, ihre Schüler/innen dazu zu bringen, die Texte und Ideen Schillers am eigenen Leib zu erfahren und Erfahrungen daraus zu ziehen, die zu eigenen Erfahrungen werden.